Freitag, 27. März 2009

Völkerverständigung für Einsteiger

Die Bundesliga mag eine Pause einlegen, aber die Fußballbegeisterung bei uns im Hause nicht. Schließlich weiß schon der Kleinste mit seinen drei Jahren, wie viele VfB-Spieler für die kommenden beiden WM-Qualifikationsspiele nominiert sind: „Krei“ Und von den Bayern? „Krei.“ Jetzt müssen wir nur noch an der Aussprache arbeiten.
Liechtenstein ist eine schwere Aufgabe! Nee, nicht lachen. Kulinarisch meine ich. Bei Länderspielen gibt es bei uns nämlich immer etwas aus dem Land des Gegners zu essen mit den passenden Flaggen-Piekern. Aber was ist eine Liechtensteiner Spezialität? Diesmal gibt es einfach nur Nachtisch. Denn die Lieblings-Schoko-Mousse der Fürstenfamilie ist beim Hinspiel besser angekommen als die „Chäsknöpfli“. Und schließlich soll den Kindern durch den Magen ein bisschen Weltoffenheit vermittelt werden. Also so, dass sie die internationalen Hoheitszeichen kennen und bei skandinavischen Gegnern bereits vorher fragen: „Gibt es da auch was ohne Fisch?“ Zum EM-Auftakt 2008 hat die Aktion in Sachen Völkerverständigung erste Wirkung gezeigt. Mein fünfjähriger Sohn wechselte vom Tisch zum Fernseher mit den Worten: „Jetzt hauen wir die weg, die Polen... Aber voll leckere Waffeln haben die.“
Abgerundet werden unsere Nationalmannschaftspartys mit Fußball-Liedern – und meine Tochter muss als Schulkind meistens schon vor dem Anpfiff murrend ins Bett. Der Kleinste schläft auf meinem Arm ein. Dann wird auch er schnell ins Bett verfrachtet, damit mein Mittlerer und ich rumschreien können. Hier zahlt es sich ausnahmsweise mal aus, das Sandwichkind zu sein. Er ist schon fußballbegeistert genug, um wach zu bleiben, und klein genug, um am nächsten Tag ausschlafen zu können.
Mit den familienfreundlichen Zeiten ist das nämlich noch nicht optimal umgesetzt. Man kann auch sagen mit den mütterfreundlichen Zeiten. Die letzten beiden Spiele gegen England und Norwegen waren anscheinend nicht so elektrisierend. Da musste mein Sohn mich irgendwann wecken: „Die Interviews und anderen Spiele sind jetzt rum. Ich mach aus und geh ins Bett.“
Aber diesmal geht es wieder um was. Da bleibe ich wach. Ich muss ja auch den Kommentator verbessern, über die dummen Fragen der Reporter schimpfen und hysterisch aufschreien, falls Mario Gomez ein paar Zentimeter am Ball vorbeirutscht. Ich könnte dem Bundestrainer auch verraten, warum es in den vergangenen Spielen für den Stuttgarter Stürmerstar nicht so gut lief. Aber wer fragt mich schon? – Außer meinen Kindern, die noch klein genug sind, um mich für nahezu allmächtig zu halten. Gut, mein Image bekam während der EM die ersten Kratzer, als mein Fußball-Sohn feststellte: „Wenn der Ballack älter ist als du, und der Enke genau gleich alt – warum bist du dann nicht in der Nationalmannschaft?“ Das kann ich nicht beantworten, denn ich frage mich ja selbst, wieso ich noch nicht als Berater geholt wurde.

Rezepte für den Bundestrainer:
Folge 1, Wie Mario Gomez wieder trifft

Aber wenigstens hier könnte ich meine Theorie los werden. Sie steht immerhin auf der Basis intensiven YouTube-Studiums. Schließlich arbeitet man heute schon im Jugendbereich mit Taktikschulung und Videoanalyse statt nur zwischen Gullideckeln rumzubolzen. Meinem Bambini-Spieler zeige ich hin und wieder „Die schönsten Tore von Mario Gomez“ oder „Aus Thomas Hitzlspergers Trickkiste“. Und mein Fazit ist: ...trommelwirbel... tada... Mario Gomez braucht seinen Teamkollegen Hitz!
Es geht nicht darum, dass der den direkten Pass als Vorlage spielen muss – obwohl er das wunderbar kann. Nein, er muss einfach da sein. Lacht nur! Und wenn ihr euch wieder beruhigt habt, denkt mal über folgende Fragen nach: Wer kam bei der EM erst mit dem Portugal-Spiel ins Rennen, als sein spanischer Kumpel bereits zu Gurken-Gomez mutiert war? Warum hat der Torero in Stuttgart noch nicht den Abflug gemacht – also zu einem anderen Verein, nicht als Torjubel. Wer hat im Derby in Karlsruhe erstmals in der Rückrunde nicht getroffen, als Kapitän Hitzlsperger eine schöpferische Pause auf der Bank einlegte? Gell, da kommt man ins Grübeln. Es gibt doch auch Rennpferde, die brauchen ihre Gesellschafter-Katze. Oder Superstars, die gehen nicht ohne ihr Diddlmaus-Maskottchen auf die Bühne.
Wenn jetzt in den nächsten beiden Spielen die Kombination Hitzlsperger-Gomez aufläuft und letzterer auch in der Nationalmannschaft wieder abhebt, rechne ich fest mit einer Anfrage des DFB. Ich weiß nur nicht, ob ich den Berater-Vertrag unterschreiben könnte. Denn wer kocht dann bei mir zuhause vor den Länderspielen internationale Spezialitäten?

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