Donnerstag, 19. März 2009

"Wir wollen euch siegen sehen"

Mein erstes Bundesligaspiel! Nicht wie die Jungfrau zum Kinde aber durch mein Kind kam ich zum VfB. Sagen wir, als Sympathisantin. Fan? Das geht nicht. Man kann nur Fan von einem Verein sein. Da kommt der VfB zu spät, nachdem ich meine Jugend mit meinem Vater bei den Zweit-, Ober- und Regionalliga-Spielen eines hessischen Traditionsvereins verbracht habe. Der Platz in meinem Herzen ist schon besetzt. Aber wenn man jedes Fitzelchen Information über den VfB einem 5-Jährigen vorliest, wenn man alle Interviews kennt, morgens überlegen muss, ob Marios Adduktoren zwicken und was die Kinder von Roberto Hilbert frühstücken, dann wachsen einem die Spieler irgendwie ans Herz.
Ich mag noch kein VfB-Experte sein. Aber ich arbeite daran, um den Platz in der Welt meines Sohnes zu behaupten. Noch bin ich auf Platz 1 vor Mario Gomez auf seiner „Was ich am liebsten mag“-Liste. Papa liegt abgeschlagen auf Platz 3. Ich muss am Ball bleiben. Fragen wie „Warum heißt das Alle-Magnin Aachen? Hat der da gespielt?“ müssen beantwortet werden – und Anspruchsvolleres. Wer mag sich ausmalen, wie eine Frau einem 5-Jährigen „Abseits“ erklärt?
Jetzt freue ich mich auf mein erstes Bundesliga-Spiel live im Stadion gegen Hertha BSC Berlin. Die kenne ich sogar aus alten Zweitliga-Tagen. Obwohl bei aller Vorfreude – keiner der Spieler kann vor diesem Spiel auch nur annähernd solchen Druck empfinden wie ich! Wirklich! Ein VfB-Sieg ist Pflicht. Andernfalls ist mein erstes Bundesliga-Spiel auch mein letztes. Warum?
Bisher war Sohnemann mit dem Opa im Stadion und hat jedes Mal einen Sieg gesehen. Dies nur nebenbei, falls der Verein statt in neue Spieler in zwei Gratis-Dauerkarten für meinen Schwiegervater und Sohn investieren will. Man ist ja abergläubisch im Fußball. Das muss man mir nicht erzählen. Bisher konnte ich mich rausreden: Das „Arsenal London“-Spiel, das wir gemeinsam beim Saison-Opening gesehen haben, war nur ein Test. Aber das Misstrauen ist da bei meinem Sohn: Wird er an meiner Seite auch Siege sehen?
Ich kann ihn verstehen. Meine eigene Mutter hatte mehr als ein Jahrzehnt Stadionverbot von der Familie, seit sie bei einem denkwürdigen Pokalspiel gegen Bayern München (okay, die Amateure) kurz vor Schluss ins Stadion kam – und mit ihrem Erscheinen der Ausgleich fiel. Am Ende stand eine Niederlage nach Verlängerung, und irgendjemand musste dran schuld sein! Inzwischen im Alter bin ich milder geworden und weniger abergläubisch. Meine Mutter darf zum Fußball mit, wenn ich sie und ein Regionalliga-Spiel in der alten Heimat besuche.
Aber mein Sohn ist natürlich noch nicht so reif. Ich wage zu bezweifeln, dass ich noch einmal mit darf, wenn das Hertha-Spiel verloren geht. Auf einen enthusiastischen Zuschauer, der bis zur letzten Minute versuchen wird, die Mannschaft zum Sieg zu brüllen, kann der VfB am Samstag bauen. Also, strengt euch an - für mich, für weitere gemeinsame Fußball-Erlebnisse mit meinem Sohn. Natürlich könnte ich auch die Stimme der Vernunft sprechen lassen und meinem Sohn diesen Aberglauben ausreden, aber... ganz ehrlich: so richtig gute Spiele habe ich mit meiner Mutter nie gesehen.

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